St. Johannes 15, 17-25 |Tag der Apostel St. Simon und Judas | Pfr. Dr. Martens

Für Christen kann es in Persien ganz schon ungemütlich werden. Das ist eine Erfahrung, die nicht erst heute viele Menschen machen, die dort öffentlich zu erkennen geben, dass sie an Jesus Christus als ihren Gott und Herrn glauben. Das ist eine Erfahrung, die auch schon die heiligen Apostel Simon und Judas vor knapp 2000 Jahren machen mussten. Bis nach Persien waren sie auf ihrer Missionsreise der Überlieferung zufolge gelangt, um auch dort den Menschen das Evangelium zu verkündigen. Doch auf große Begeisterung stießen sie mit ihrer Predigt nicht. Im Gegenteil: Beide wurden sie dort, so weiß es die Überlieferung zu berichten, gewaltsam getötet. Und so wird bis heute der Apostel Judas in künstlerischen Darstellungen der Apostel mit einer Keule in der Hand abgebildet, weil er mit einer Keule erschlagen wurde, und der Apostel Simon mit einer Säge, weil er durch solch eine Säge zu Tode gebracht wurde.

Schon lange vor dem Islam gab es also in Persien christliche Märtyrer. Doch seitdem die Anhänger Mohammads das Land eroberten, ist die Situation für Christen dort nicht gerade einfacher geworden, so können es so viele Glieder unserer Gemeinde bezeugen. Gerade jetzt am vergangenen Sonntag sprach ich mit einem jungen Mann, der vor wenigen Tagen hier in Deutschland angekommen ist, weil er aus seiner Heimat, dem Iran, fliehen musste, nachdem er dort als Christ verhaftet und gefoltert worden war. Ja, es ist wichtig, dass wir uns als Christen hier in Deutschland für solche verfolgten Christen einsetzen, erst recht in diesen Tagen und Wochen, in denen Deutschland allen Ernstes versucht, verfolgten persischen Christen den Zugang nach Europa über die Türkei zu verschließen, und sich damit zum Helfershelfer der iranischen Folterknechte macht. Ja, wir tun auch bei uns hier in der Gemeinde, was uns möglich ist, um immer wieder auf das Schicksal verfolgter Christen aufmerksam zu machen, ihr Leiden in der Öffentlichkeit bekanntzumachen. Ja, das machen wir, weil uns natürlich daran liegt, gegen dieses Leiden, gegen diese Verfolgung etwas zu unternehmen, sie nach Möglichkeit zu beenden zu helfen. Das ist, gleich nach der Fürbitte für die verfolgten Christen, eine unserer wichtigsten Aufgaben – ganz klar.

Aber nun leitet uns Christus, unser Herr, im Heiligen Evangelium dieses Aposteltages dazu an, den Hass, der Christen besonders in muslimischen Ländern, aber natürlich nicht nur da, entgegenschlägt, noch einmal aus einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen, ihn geistlich in der rechten Weise einzuordnen. Hass gegen die christliche Botschaft und Hass gegen diejenigen, die sie vertreten, ist kein exotisches Phänomen, mit dem wir es in einigen wenigen Fällen einmal zu tun haben. Sondern Hass gegen die christliche Botschaft und gegen Christen ist eigentlich der Normalzustand, mit dem jeder zu rechnen hat, der in der Gemeinschaft mit seinem Herrn Jesus Christus lebt, so zeigt es uns Christus hier.

Die Christusbotschaft ist nicht einfach nur eine religiöse Version dessen, was Menschen immer schon gedacht und für richtig gehalten haben. Sie ist nicht einfach nur eine fromme Vertiefung des gesunden Volksbewusstseins. Sondern sie liegt quer zu allem, was Menschen normalerweise glauben und als richtig akzeptieren. Sie stellt in Frage, was Menschen als selbstverständlich annehmen, und verkündigt, was sie als unmöglich ansehen oder heute auch für völlig unkorrekt halten.

Von seiner Einheit mit dem Vater redet Jesus in seinen Abschiedsreden vor seiner eigenen Verhaftung und Ermordung. Sie ist der Grund dafür, dass Menschen ihn hassen und zu Tode bringen. Das konnten Menschen damals schon nicht ertragen, dass Jesus erklärte, dass er der Sohn Gottes sei – und das gilt eben auch heute im Islam als unerträgliche Gotteslästerung, auf die in verschiedenen islamisch geprägten Ländern entsprechend auch heute die Todesstrafe steht. Ich kann nicht an Jesus Christus als meinen Herrn und Gott glauben und damit rechnen, dass ich damit in einer muslimisch geprägten Umgebung auf freudige Zustimmung oder auch nur auf vornehme Toleranz stoße. Dieses Bekenntnis wird sehr schnell Hass und Tod hervorrufen, wenn die, die es hören, sich dem Koran verpflichtet fühlen.

Aber machen wir uns nichts vor: Auch hier in Europa wächst ein solcher Hass gegen Christen immer weiter heran. Man muss nur einmal an einem „Marsch für das Leben“ hier in Berlin teilgenommen haben, um zu erleben, mit was für einem geballten Hass man dort auf Seiten der Gegendemonstranten konfrontiert wird, mit einem Hass, der sich nicht allein auf das Thema „Lebensschutz“ beschränkt, sondern den christlichen Glauben insgesamt als Ziel hat, ja, der sich dann auch sehr schnell als gewaltbereit herausstellt. Da erleben wir es, wie man auch in unserer Gesellschaft ganz schnell als angeblicher Fundamentalist abgestempelt wird, wenn man es wagt, die Worte Jesu aus seinen Abschiedsreden zu wiederholen und zu behaupten, dass niemand zu Gott kommt, außer durch ihn, Jesus Christus. Ja, gegen den Hass, der heute auf vielfältige Weise gegenüber den Christen und der Kirche auch hier in unserem Land gesät wird, kommt man mit Argumenten kaum an – zu tief sitzen die Dogmen in den Herzen derer, die den Christen das Recht absprechen wollen, Jesus Christus als den einzigen Weg zu Gott zu verkündigen. Machen wir uns nichts vor – es kann auch hier in Deutschland in vielleicht gar nicht so langer Zukunft geschehen, dass man strafrechtlich verfolgt wird, wenn man schlicht und einfach an dem festhält, was die Heilige Schrift lehrt und verkündigt.

Und die Frage, die uns Christus hier im Heiligen Evangelium stellt, ist nun die: Sind wir auf solch eine Situation geistlich vorbereitet? Sind wir dazu bereit und dazu in der Lage, uns diesem Hass zu stellen, oder knicken wir lieber schon vorher ein, passen uns auch in unserer Verkündigung an das an, was die Mehrzahl der Leute gerne hören möchte, und werden damit letztlich ununterscheidbar von der Welt? Stehen wir in der Versuchung, damit unsere eigene Haut zu retten oder gar die Institution Kirche, auch um den Preis, dass wir letztlich preisgeben oder verschweigen, was die Kirche eigentlich zur Kirche macht?

Zur Nüchternheit ruft uns Christus dagegen: „Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat. Gedenkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen.“ Die Situation, in der wir uns hier in Deutschland im Augenblick noch befinden, ist nicht die Normalsituation der Jünger Jesu Christi. Dankbar dürfen wir sein, wenn wir unter dem Schutz der Gesetze eines Staates unsere Gottesdienste feiern dürfen – aber wissen sollen wir zugleich, wie groß die Gefahr für uns ist, in unserem Glauben schläfrig zu werden, wenn wir meinen, es gäbe ein Christsein ohne Kämpfe, ohne Widerstände.

Nein, diese Widerstände lassen sich nicht mit guten Argumenten überwinden. Sie haben ihren Grund in der tiefen Trennung des Menschen von Gott, einer Trennung, die es dem Menschen von sich aus unmöglich macht, Gott zu erkennen. Was Menschen von sich aus als Gott verehren, ist eben gerade nicht der wahre, lebendige Gott. Darum ist es so naiv, wenn immer wieder so getan wird, als ob beispielsweise der Islam und der christliche Glaube denselben Gott verehren, nur weil beide behaupten, dass es nur einen Gott gibt. Nein, wer Christen wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus verfolgt, der zeigt damit, dass er den nicht kennt, der Jesus Christus gesandt, der zeigt damit, dass er Gott nicht kennt, dass der Gott, an den er glaubt, nicht der lebendige Gott ist. Die Verfolgung von Christen ist Ausdruck eines Hasses gegen den lebendigen Gott, so deutlich formuliert es Christus hier.

Denken wir darum daran, wem der Hass eigentlich gilt, der uns Christen mitunter auf so schmerzliche Weise entgegenschlägt: Wir bekommen ab, was eigentlich Christus selber gilt. Lassen wir uns auch und gerade dadurch umso fester in die Arme unseres Herrn Jesus Christus treiben und seine Gemeinschaft suchen! Lassen wir uns durch Widerstände gerade nicht von unserem Herrn trennen! Denn in ihm, Christus, allein haben wir doch, was diejenigen, die uns hassen, nicht haben und nicht bieten können: die Liebe Gottes, die uns das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Christus schenkt. Antworten wir darum auch auf Hass nicht mit Hass, so hat es uns Christus ja auch im Heiligen Evangelium des vergangenen Sonntags vor Augen gestellt. Lassen wir uns vielmehr immer wieder neu stärken mit den Gaben des Leibes und Blutes unseres Herrn im Heiligen Mahl. Dort erfahren wir es doch immer neu: Das Leiden unseres Herrn war nicht sinnlos, sondern öffnete uns die Tür zum Leben. Und so können auch diejenigen, die uns Christen hassen, uns doch nicht nehmen, was wirklich wichtig ist: die Vergebung der Sünden, das ewige Leben, die Seligkeit. Denke daran, wenn du das nächste Mal wegen deines christlichen Glaubens Schwierigkeiten bekommst. Er hat es dir doch längst schon vorher gesagt: Er, Christus, dein Herr und Gott. Amen.

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