Apostelgeschichte 8,9-25 | Mittwoch nach dem Heiligen Pfingstfest | Pfr. Dr. Martens

Da erreichte uns vor einigen Tagen die furchtbare Nachricht, dass ein afghanischer Asylbewerber in einem Heim in Bayern einen fünfjährigen Jungen erstochen und die Mutter schwer verletzt hat. Und dann kam der nächste Hammer: Es stellte sich heraus, dass der Täter zum christlichen Glauben konvertiert ist, dass er vor fünf Jahren während seiner Zeit im Gefängnis getauft und mit ausdrücklicher Zustimmung des bischöflichen Ordinariats auch gefirmt worden ist. Ja, selbst das Verwaltungsgericht hatte anschließend erklärt, dass es davon überzeugt sei, dass dieser Mensch sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt habe. Und nun reißen sie natürlich wieder den Mund auf – all diejenigen, die behaupten, sie hätten immer schon gewusst, dass die Asylbewerber, die zum christlichen Glauben konvertieren, doch alle nur Asylbetrüger seien, die es mit dem christlichen Glauben in Wirklichkeit gar nicht ernst nehmen würden. Was soll man da noch sagen?

Da, wo uns die Worte fehlen, ist es immer gut, zunächst einmal in die Heilige Schrift zu schauen. Und da finden wir nun gerade in der heutigen Tageslesung eine Geschichte, die genau zu den Fragen passt, die uns nun in diesen Tagen besonders bewegen.

Da berichtet uns St. Lukas von einer ungewöhnlichen Konversion: Da gab es in Samaria einen berühmten Mann namens Simon, der wegen seiner Zauberkünste als „Kraft Gottes“ verehrt wurde. Er hatte großen Zulauf in der Bevölkerung; alle liefen zu ihm und erlebten, was dieser Mann so alles draufhatte. Ein religiöser Gemischtwarenladen, verpackt als mitreißende Show – damit kann man auch heute noch gute Geschäfte machen, etwa als Fernsehprediger oder als Heiler. Und in diese Stadt Samaria kam nun der Philippus, einer der sieben Diakone, die von den Aposteln zur Unterstützung ihres Dienstes geweiht worden waren. Offenbar sah der Philippus seinen Dienstauftrag nicht bloß darin, für eine ordentliche Verteilung des Mittagessens in der Jerusalemer Gemeinde zu sorgen; sondern er war auch selber missionarisch aktiv. Doch dort in Samaria versucht er nun erst gar nicht, in irgendeiner Weise in Konkurrenz zu treten zu den Wundershows des Simon. Er predigt ganz einfach vom Reich Gottes und vom Namen Jesu – wie langweilig, mögen wir meinen. Doch die Predigt des Evangeliums erweist sich als wirkmächtiger als die Shows des Simon. Das Evangelium wirkt bei vielen Menschen den Glauben, und sie lassen sich taufen. Und zu denen, die gläubig wurden, gehört nun auch, o Wunder, der Simon. Auch der konvertiert, lässt sich taufen, wird ein eifriger Mitarbeiter des Philippus.

Was für ein Erfolg der Arbeit des Philippus, möchte man meinen. Ja, was für ein Wunder, das Gott selber da vollbracht hat! Und dann bekommt die Christengemeinde in Samaria hohen Besuch: Die Apostel Petrus und Johannes kommen zu ihnen, um den Neugetauften die Hand aufzulegen und ihnen den Heiligen Geist mitzuteilen. Ja, so macht es die Apostelgeschichte, so macht es auch ansonsten das Neue Testament deutlich: Zur Taufe gehört immer wieder auch die Handauflegung, durch die der Heilige Geist zur Glaubensstärkung mitgeteilt wird, ja, zum Dienst in dem Leib Christi, der Kirche. Und es ist schon interessant, dass dies hier als eine besondere Tätigkeit der Apostel beschrieben wird, dass das der Philippus selber noch nicht gemacht hatte, als er die Menschen dort getauft hatte. Zur Taufe tritt also noch ein besonderer Dienst hinzu, der der Einheit des Leibes Christi dient, indem der Heilige Geist den Getauften mitgeteilt wird.

Irgendwie muss das damals wohl auch erkennbar gewesen sein, dass die Christen da in Samaria durch die Handauflegung den Heiligen Geist empfingen. Jedenfalls beeindruckt das den Simon ungeheuer – und mit einem Mal rutscht er wieder in sein altes, vorchristliches Denken zurück: Religion als Geschäft – da möchte er auch mit einsteigen, da möchte er auch mit dabei sein. Den Heiligen Geist per Handauflegung mitzuteilen – das ist doch noch eine echte Marktlücke; da lohnt sich auch eine finanzielle Investition zu Beginn! Doch Petrus und Johannes lassen sich darauf überhaupt nicht ein. Im Gegenteil: Sehr scharf reagieren sie auf diesen Rückfall des Simon in sein altes Denken. Das können und wollen sie nicht akzeptieren. Im Gegenteil: Sie schließen den Simon aus der Gemeinde aus, bis er erkannt hat, dass das so überhaupt nicht geht, dass man nicht gleichzeitig Christ und Anhänger eines anderen Glaubens sein kann, dass man den christlichen Glauben nicht einfach zu einem netten Accessoire einer anderen Religion machen kann. Nein, der christliche Glaube ist kein Hobby, das man einfach mal mit anderen religiösen Hobbys kombinieren kann; wo Menschen ihn instrumentalisieren wollen, da müssen die, die Verantwortung tragen, dem sofort widerstehen. Es geht nicht allein um den guten Ruf der Kirche; es geht um das Seelenheil derer, die nicht erkannt haben, was der Heilige Geist eigentlich für sie und ihr Leben bedeutet. Der Simon hat damals davon jedenfalls ein bisschen verstanden oder geahnt; er bittet die Apostel darum, für ihn zu beten, dass ihn sein Rückfall in die alte Religion nicht sein ewiges Heil kostet. Wie es mit Simon dann weitergegangen ist, sagt uns die Heilige Schrift nicht. Es bleibt eine offene Geschichte.

Ach, wie aktuell ist diese Geschichte doch auch heute noch: Da machen wir hier in unserer Gemeinde genau dasselbe wie der Philippus damals auch: Wir predigen das Evangelium von Jesus Christus, und dann taufen wir Menschen, die an Jesus Christus glauben und sich zu ihm bekennen. Vermutlich hat der Philippus damals sehr viel schneller die Menschen getauft, als wir dies heute tun. Einige Verse weiter wird berichtet, wie er den Finanzminister von Äthiopien noch am selben Tag getauft hat, an dem er ihm das Evangelium von Jesus Christus gepredigt hatte. Wir nehmen uns da mehr Zeit – und wir haben auch da Gründe. Aber natürlich gibt es trotzdem immer wieder Menschen, die den Wundern nicht trauen wollen, die hier in unserer Mitte geschehen: Das kann doch gar nicht sein, dass Menschen, die früher einer anderen Religion angehörten, nun wirklich Christen werden. Das geht doch gar nicht! Und dann passieren eben solche schrecklichen Ereignisse wie in Bayern – und die scheinen ihnen Recht zu geben.

Doch wenn man dieser Argumentation folgen würde, dann hätte der Philippus damals eben gleich einpacken können, dann gäbe es heute keine christliche Kirche, auch nicht hier in Deutschland, dann würden wir wohl immer noch unter der Donarseiche sitzen. Natürlich konnte der Philippus damals dem Simon nicht ins Herz schauen, genauso wenig wie den anderen, die er getauft hat. Natürlich gibt es das, dass Menschen sich nach ihrer Taufe wieder von Christus abwenden und nichts mehr von ihm wissen wollen. Aber die Erfahrung der Geschichte zeigt, wie Gottes Heiliger Geist im Laufe der Zeiten eben doch überall dort seine Kirche gebaut hat, wo das Evangelium von Jesus Christus gepredigt wurde, wo Menschen getauft wurden.

Und ebenso ist es von daher Unsinn, immer nur in Schwarz und Weiß zu denken. Es gibt nicht nur Menschen, die entweder ganz begeistert sind vom christlichen Glauben oder nur den Pastor betrügen, wenn sie sich taufen lassen. Genau dieses Schwarz-Weiß-Denken findet man immer wieder in den Bescheiden des Bundesamtes: Wenn jemand nicht ein überzeugter Christ ist, ist er in Wirklichkeit ein verkappter Moslem, der einfach nur seinen Glauben im Feindesland verleugnet. Ein Drittes gibt es nicht. Und genauso ist es auch jetzt wieder in der Diskussion um den afghanischen Asylbewerber: Wenn er sich hat taufen lassen, dann kann das nur ein taktisches Spiel gewesen sein, dann ist er doch immer ein Muslim gewesen, der auf seinem Zimmer gesessen hat und darauf gewartet hat, wann er endlich einen Menschen töten kann!

Doch der Simon hier in unserer Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, dass es eben nicht nur Schwarz und Weiß gibt. Es steht nichts davon hier in der Bibel, dass der Simon sich nur zum Schein hat taufen lassen. Nein, er wurde gläubig, heißt es hier. Und trotzdem rutscht er bald darauf dann doch wieder in seinen alten Glauben zurück.  Das war keine Taktik, und das bedeutet auch nicht, dass der Simon nun kein Christ mehr sein wollte. Aber es ist eben tatsächlich so schwer, das Alte ganz zurück zu lassen. Das bleibt ein Kampf. Der Teufel gibt nach der Taufe natürlich nicht auf. Der versucht immer wieder, die, die getauft sind, aufs Glatteis zu führen oder sie einschlafen zu lassen im Glauben.

Ja, das kennt ihr auch aus eurem Leben, dass es da nicht nur schwarz und weiß gibt, dass ihr wirklich bei Christus bleiben wollt und dann doch immer wieder auch schwach werdet. Und keiner von uns ist davor geschützt, dass ihn der Teufel nicht auch einmal ganz zu Fall bringt, ganz besonders, wenn wir mal mit unseren Nerven am Ende sind. Ja, was der Afghane da in dem Asylbewerberheim gemacht hat, das ist ganz furchtbar, das ist teuflisch, keine Frage. Aber wer sind wir, wer bin ich, dass wir über seinen Glauben richten, dass wir meinen feststellen zu können, dass er eigentlich nie ein richtiger Christ war? Wer sind wir, dass wir per Ferndiagnose feststellen, dass er niemals eine wirkliche Bekehrung erfahren haben kann? Und vergessen wir es nicht: Tratsch und Verleumdung sind in Gottes Augen nicht weniger verdammungswürdig als der Rückfall des Simon oder die Tat jenes Asylbewerbers in Bayern. Alle miteinander leben wir allein aus Gottes Gnade, aus seiner Vergebung. Möge Gottes Geist auch den Täter aus Bayern zur Umkehr führen, möge er die Familie trösten und uns allen helfen, bei Christus zu bleiben! Dass wir das nicht aus eigener Vernunft noch Kraft können, sondern nur in der Kraft des Heiligen Geistes, daran wollen wir uns gerade jetzt in dieser Pfingstwoche immer wieder neu erinnern lassen! Amen.

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