Abschluss der Kinderbibelwoche zum Thema „Abraham“ | 12. Sonntag nach Trinitatis | Pfr. Dr. Martens

Abraham war kein Asylbewerber, und er hätte zumindest hier in Deutschland mit seiner Vorgeschichte auch niemals Asyl bekommen. Er musste nicht fliehen, weil er bedroht war, er war noch nicht einmal, was man heute leider zumeist so abwertend als „Wirtschaftsflüchtling“ bezeichnet. Völlig undramatisch verlief seine Übersiedlung nach Kanaan. Er benötigte keinen Schlepper, keinen falschen Pass, musste auf dem Weg nach Kanaan keine Schlauchbootfahrten über das Meer überstehen, keinen Beschuss mit Blendgranaten, keine Misshandlungen in einem Erstauffanglager.

Aber Migrant war Abraham eben auch, einer, der seine Heimat verließ, alles aufgab, was er hatte, Abschied nehmen musste von der eigenen Verwandtschaft, ein gesichertes Leben eintauschte gegen ein völlig ungesichertes in einem Land, das für ihn zeit seines Lebens letztlich doch ein fremdes blieb.

Und warum machte er dies alles? Einzig allein, weil er sich auf Gottes Wort verließ, weil ihm das Versprechen, das Gott ihm in seinem Wort gegeben hatte, wichtiger war als die Heimat, als alle Absicherungen, die man in seinem Leben haben konnte. Völlig verrückt war es scheinbar, sich auf dieses Versprechen zu verlassen; viel vernünftiger wäre es doch scheinbar gewesen, wenn er einfach dort geblieben wäre, wo er war. Doch wenn einen Gott mit seinem Wort, mit seinem Versprechen packt, dann kann man gar nicht mehr anders als loszuziehen, so erfuhr es Abraham damals.

Viele derer, die heute hier im Gottesdienst sind, können den Abraham sehr gut verstehen. Sie wissen, was es heißt, seine Heimat zu verlassen, Migrant zu werden, ein gutes, abgesichertes Leben aufzugeben. Nein, sie konnten nicht wie Abraham damals ihren gesamten Besitz mitnehmen. Aber was es heißt, ohne ein festes Dach über dem Kopf zu leben, das wissen sie sehr gut, erfahren es nicht selten auch hier in Berlin, wenn man ihnen nach ihrer Ankunft hier einfach völlig wertlose Hotelgutscheine in die Hand drückt, die sich nicht einlösen lassen und nun so manchen im Park unter dem Berliner Sternenhimmel nächtigen lassen. Und warum das alles? In vielen Fällen schlicht und einfach deshalb, weil auch sie das Wort Gottes in ihrem Leben so mächtig, so kräftig gepackt hatte, dass sie davon einfach nicht mehr loskamen – das Wort von der Liebe Gottes, die er uns gezeigt hat, als er den einen Nachkommen Abrahams, seinen Sohn Jesus Christus, für uns am Kreuz sterben ließ. Um dieses Wortes, um dieses Jesus Christus willen haben sie ihre Wohnungen, ihre Familie zurückgelassen, haben diesen langen Weg bis hierher auf sich genommen – ohne wissen zu können, wie es eigentlich nun mit ihnen hier weitergeht. Und auch die, die erst jetzt hier den Weg zu Jesus Christus gefunden haben, wissen ganz genau, was diese Hinwendung zu Jesus Christus für sie bedeutet: den endgültigen Bruch mit der Heimat, oft genug auch den Bruch mit der eigenen Familie. Und das alles für ein Versprechen, das man doch überhaupt nicht sehen kann, das für Außenstehende so wertlos erscheinen mag wie ein Hostelgutschein vom LaGeSo.

Abraham hat es schließlich in seinem Leben erfahren, dass es sich lohnt, auf Gottes Wort mehr zu vertrauen als auf die Meinung der eigenen Verwandtschaft, als auf das, was beim ersten Hinschauen vernünftig zu sein scheint. Ich hoffe, dass die, die wie Abraham nun hier in Deutschland in der Fremde angekommen sind, auch schon etwas in unserer Mitte davon erfahren, dass es sich lohnt, um Jesu Christi willen tatsächlich alles aufzugeben. Aber wie sehr sich das lohnt, das werden wir alle miteinander erst in der Zukunft erfahren, wenn Christus uns einmal endgültig in seine Heimat aufnehmen wird, in der wir nie mehr die Abschiebung werden fürchten müssen, in der wir einmal endgültig zu Hause sein werden.

Wichtig ist es, dass wir diesem Ziel ganz klar und eindeutig entgegenblicken, dass wir nur dorthin nach vorne schauen und nicht wieder etwa doch noch zurück, dass wir nicht irgendwo zwischen altem und neuem Leben hängen bleiben wie die Frau von Lot hier in der Geschichte. Ein bisschen Islam und ein bisschen Jesus Christus – das geht eben nicht. Wenn Christus uns in seine neue Zukunft ruft, dann gilt es auch für uns, nur noch loszulaufen und nicht doch noch ein wenig bei dem zu bleiben, was uns letztlich nicht das Leben, sondern nur Tod und Verderben einbringt. Gott hat uns in unserer Taufe wie einst die Engel Lot aus der Stadt des Verderbens herausgeführt. Er will nicht, dass wir verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Nehmen wir sein Wort ernst und verlassen wir uns darauf. Ja, es geht um unser Leben! Amen.

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